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Das Institut

Stephen King
Das Institut

Rezension von Ambermoon

Ein typischer Coming-of-Age von Stephen King - mitreißend und auch ans Herz gehend.

In einer ruhigen Vorortsiedlung von Minneapolis ermorden zwielichtige Eindringlinge lautlos die Eltern von Luke Ellis und verfrachten den betäubten Zwölfjährigen in einen schwarzen SUV. Die ganze Operation dauert keine zwei Minuten. Luke wacht weit entfernt im Institut wieder auf, in einem Zimmer, das wie seines aussieht, nur dass es keine Fenster hat. Und das Institut in Maine beherbergt weitere Kinder, die wie Luke paranormal veranlagt sind: Kalisha, Nick, George, Iris und den zehnjährigen Avery. Sie befinden sich im Vorderbau des Instituts. Luke erfährt, dass andere vor ihnen nach einer Testreihe im »Hinterbau« verschwanden. Und nie zurückkehrten. Je mehr von Lukes neuen Freunden ausquartiert werden, desto verzweifelter wird sein Gedanke an Flucht, damit er Hilfe holen kann. Noch nie zuvor ist jemand aus dem streng abgeschirmten Institut entkommen... (Klappentext)

♜♜♜♜♜

">>Was im Hinterbau läuft, weiß ich nicht, und ich will es auch nicht wissen. Ich weiß bloß, dass es da wie im Bermuda-Dreieck ist - man kommt zwar rein, aber nicht wieder raus. Jedenfalls kommt man nicht hierher zurück.<<"
(S. 102)

Stellt Euch vor es existiert eine Institution, welche Experimente an Menschen durchführt, genauer gesagt an Kindern. Experimente, welche denen aus dem 2. WK unter Ärzten wie Mengele oder Gebhardt nicht unähnlich sind. In genau so eine Einrichtung wird der 12-jährige Luke Ellis gesteckt, nachdem seine Eltern ermordet und er entführt wurde.
Das Institut steht in Main, umgeben von dichtem Wald, von der Außenwelt abgeschirmt und erinnert an ein Hochsicherheitsgefängnis. Die Insassen sind Kinder zwischen sechs und sechzehn Jahren und alle besitzen paranormale Fähigkeiten. Sie kommen rein, aber niemals wieder raus. Während ihres Aufenthaltes müssen sie einiges über sich ergehen lassen, bevor sie in den Hinterbau verlegt werden - Endstation.
Luke und seine neu gewonnenen Freunde wissen nicht zu welchem Zweck man das alles mit ihnen macht und wieso man gerade sie ausgewählt hat. Sie wissen nur eines - sie wollen nicht in den Hinterbau. Dafür müssen sie sich zusammentun, damit zumindest einer von ihnen fliehen kann. Doch was sollen Kinder gegen Erwachsene ausrichten, welche mit Schockstöcken und Spritzen bewaffnet sind?

Diese Story wird aus mehreren Perspektiven erzählt, wobei die von Luke im Vordergrund steht. Man erhält aber auch Einblick in die Sicht von Mitarbeitern und anderen Kindern und auch in die von Tim, einem ehemaligen Cop, den es in die Pampa verschlagen hat.
Man ist also immer mittendrin, statt nur dabei und vor allem Lukes Perspektive geht einem ziemlich an die Nieren und ans Herz. Die Kinder müssen nämlich wirklich Fürchterliches mitmachen und auf jeder Seite spürt man die Angst, die Verzweiflung, die Tränen und die Hoffnungslosigkeit. Man fiebert mit Luke und den Kindern mit, während man sie Seiten verschlingt.

"ICH HABE EINEN KRAMPFANFALL, WOLLT IHR MICH ETWA UMBRINGEN?
Das versuchte er zu sagen, aus seinem Mund kam jedoch nur ein klägliches kleines Gurgeln. Dann waren die Punkte verschwunden, er stürzte aus dem Sessel, stürzte in die Dunkelheit, und das war eine Erleichterung. O Gott, was für eine Erleichterung."
(S. 230)

Zudem weiß man nie, was sich auf der nächsten Seite verbirgt, denn es kommt mehrmals zu überraschenden Wendungen, die einem plötzlich in eine völlig andere Richtung treiben, als noch kurz zuvor gedacht.
Die Figuren sind durchwegs gut gezeichnet und wie die meisten King-Romane, lebt auch dieser von seinen Figuren und dieser ganz bestimmten Atmosphäre, wie sie nur King zu erschaffen weiß.
Man bewegt sich zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Angst und Beklemmung und nicht zu vergessen dem Entsetzen.

">>Diese Spritzen, die sie uns geben...<<, sagte Iris.
>> Manche tun weh, andere nicht. Nach einer hab ich hohes Fieber gekriegt und brutales Kopfweh. Ich dachte schon, dass ich mich bei Sha mit Windpocken angesteckt hätte, aber nach einem Tag war es vorüber. Jedenfalls geben sie dir Spritzen, bis du die Blitze siehst und das Summen hörst.<<"
(S. 129)

Diejenigen, welche sich einen King-Horror erwarten, werden jedoch enttäuscht sein. Das einzig Gruselige daran ist die Institution mit ihren Ärzten und Pflegern, die völlig skrupellos agieren, die Experimente und der Gedanke, dass die Existenz solcher Einrichtungen eventuell nicht völlig aus der Luft gegriffen sein könnte. Bei Stephen King werden tief verborgene Ängste wahr.
Hier handelt es sich also um einen typischen Coming-of-Age-Roman in feinster King Manier, welcher mehr Tiefsinnigkeit bereithält, als auf den ersten Blick erkennbar, der einem trotzdem mitreißt und am Ende nachdenklich zurücklässt.

Die Verarbeitung und das Äußere des Buches sind übrigens auch nicht zu verachten.

Fazit:
Kein Horror, kein Grusel, keine abartigen und grässlichen Kreaturen (abgesehen von den Institutsmitarbeitern) und trotzdem spannend und mitreißend.
Ich liebe Kings Coming-of-Age-Romane, da diese immer eine ganz eigene Atmosphäre mit sich bringen und mich auf ihre ganz eigene Art von sich einnehmen. So auch dieser hier, welcher zwar an die alten King-Romane nicht heranreicht, auch hin und wieder die ein oder andere Länge beinhaltet, mich aber trotzdem am Buch kleben ließ.

© Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack)

Das Institut

Stephen King
Das Institut

Rezension von MMag. Katharina Huchler

Das Institut

Stephen King macht mit "Das Institut" das, was er am besten kann: In sehr film- und bildhaften Beschreibungen lässt er seine Helden und Bösewichte aufeinanderprallen und schafft es, während der über 700 Seiten den Spannungsbogen zu halten. Die Perspektive aus der Sicht des Kindes brachte die Machtlosigkeit in der Situation für mich sehr klar rüber. Außerdem fiebert doch jeder gern mit den jugendlichen Helden mit, die es den Erwachsenen zeigen! Kein Wunder also, dass ich das Buch in zwei Tagen durchgelesen hatte!

Auch wenn Telepathie und Telekinese als fantastische Elemente vorkommen, so finde ich die Bezeichnung "Roman" statt "Fantasy" sehr passend: Im Grunde bringt King jede Form von systematisiertem und institutionalisiertem Quälen auf den Punkt. Ob vom Institut nun schlicht Arbeitskraft ausgenutzt wird, ob es unmenschliche Experimente durchführt oder ob übersinnliche Kräfte missbraucht werden, ist am Ende einerlei.

Der wahre Horror ist das System selbst, in dem Befehle befolgt werden, in dem Ruch- und Empathielosigkeit herrschen. Der Horror ist verbrecherisches Verhalten für einen angeblichen höheren Zweck, der bei genauerer Betrachtung aber sehr löchrig wird. Der Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel!